Die Panik vor dem Leben War doch gestern noch
nicht da! Doch heute ist der Tag danach,
Und nichts bleibt wie es war.
Und nichts bleibt wie es war.
02.
März 2012. Zwei Wochen. Zwei Wochen nun bist du schon nicht mehr auf der Erde
und heute ist der erste Tag, an dem ich wieder schreiben kann. Ich wollte
deinen Tod ehren, ich wollte dir schreiben, doch der Schmerz war zu groß. Ich
wollte niederschreiben, wie es mir bei dem Gefühl an dich geht, an die
Konfrontation mit dem Tod, mit der Dunkelheit dieser Welt, nur erfüllt von der
Einsamkeit und der Zwangsneurose meines Hirnes, dass sich nach einem Ausweg
sehnt, nach einem Himmel, in den er zusammen mit dir fliehen kann, um dich ein
letztes Mal zu sehen, dich noch einmal in den Arm zu nehmen. Immer noch kommen
mir die Tränen bei dem Gedanken an dich, du warst mein Bruder, oder zumindest
etwas, das dem sehr nahe kam, als Einzelkind, welches ich doch bin. Ich muss
ständig an dich denken, an all die Erinnerungen, doch ich verdränge deinen Tod,
verdränge die Geister, die nach mir greifen. Ich sitze alleine in meinem
Zimmer, mein Kuscheltier im Arm, fühle mich wie Mademoiselle Karma nackt auf
dem Friedhof gefangen, umgeben von Geistern, die mich rufen und mit zu dir in
die Sterblichkeit ziehen wollen. Ich
denke, ich lasse die Geister in einer Ecke meines Herzen, versuche sie
einzusperren, damit sie nicht über mich herfallen können. Ich wünschte mir, für
dich, mein neugeborener Engel, dass ich die Erinnerungen in Worte fassen
könnte, aber es geht nicht, ich bin zu schwach. Und dennoch bin ich heimgesucht
von der Angst, die meine Psyche mir eingepflanzt hat, dass sie sich einen Spaß
daraus macht, all die Erinnerungen an dich zu löschen. Ich liebe dich, ich
hoffe, das weißt du und wirst es immer wissen. Du warst immer für mich da, warst
immer ein Freund, auch in der Zeit, als mich alle anderen Menschen zu hassen
schienen. Du warst loyal, du warst da für mich, und muntertest mich auf. Das
werde ich dir nie vergessen.
Ich
glaube, ich habe gerade meine Blogblockade gebrochen. Seit Ringos Tod habe ich
mich einfach betäubt gefühlt, von einer Spritze gestochen, die all meine Sinne
und vor allem meine Finger betäubte. Dabei fühle ich mich so schuldig, mein
Leben einfach weiterzuführen und bereits so krankhafte, andere Gedanken zu
haben. Über den Tod. Über mich selbst. Ich glaube, ich werde versuchen nicht
mehr zu essen. Beziehungsweise kaum noch etwas zu essen, vielleicht einen Joghurt
am Tag. Ich wünschte, ich könnte es, aber ich glaube, ich habe meine
anorexische Zeit hinter mir, ich denke, ich würde es nicht schaffen, aber
dennoch werde ich es versuchen. Ich will mich nicht mehr in den Spiegel ansehen
müssen und ihn am liebsten einschlagen müssen. Ich will wieder 63 Kilos wiegen,
ich will noch mehr abnehmen, ich will die 55 Kilo erreichen. Aber ich denke, ich werde es ohnehin nicht
aushalten. Zwei Wochen. Zwei Wochen, von heute an, werde ich mich so ernähren.
Ich will nicht mehr, ich will, wenn ich in Deutschland bin weniger wiegen und
mich einfach gut fühlen. Die Kontrolle über sich zu haben, ist mitunter das
Schönste der Gefühle. Es ist mir egal, ob ich am Boden kriechen werde, ich
werde es schaffe. So viele andere haben es geschafft. Ich will nicht mehr. Ich will
diesen Körper nicht, ich will heraus aus diesem Gefängnis.
Was
ist nur los mit mir? Ich erkenne mich nicht, ich bin lustlos, ich bin
demotiviert, in mir brodelte heute ein unerklärlicher Hass auf die Person auf,
die ich eigentlich lieben sollte, doch die Distanz lässt mich momentan einfach
nur mental werden. Ich will verdammt nochmal wieder lieben können, ich will
zurück in mein Märchen, ich will in eine Traumwelt fliehen, in der ich mich
wohl fühlen kann, ich will eine Fee sein, wunderschön und sensible. Wenn es
sein muss, würde ich mich deswegen auch der Dunkelheit hingeben. Ich will
abnehmen. Ich will mich… da hineinsteigern. Ich will es schaffen. Zwei Wochen.
Es muss doch irgendwie zu schaffen sein, ich verbiete mir alles, bis auf Trinken,
Obst und Naturellen Joghurt. Ich denke, ich werde nun erstmal aufhören zu
schreiben. Meine Muse hat mich so eben mit einem prächtig hoch gehaltenen
Mittelfinger verlassen.
Ich
hoffe, ihr hasst mich nicht.
Nicht so, wie ich mich hasse...
Kolibriseele
♥